Mittwoch, 9. Mai 2007

15.Tag

Gestern war ein sehr intensiver Tag für mich. Wie zu Beginn erwähnt, komme ich aus dem Rai-Reiten (siehe Rechercheblog und Video). In der Zeit hier, habe ich mich ein Stück weit davon entfernt, niemals, weil ich die Grundsätze nicht vertreten konnte, da stehe ich nach wie vor dahinter. Eher wegen einerseits der Eröffnung etwas neuem, was sich bis in die Physiologie erklären lässt und andererseits aber auch, weil sich kein Austausch zwischen uns hier und meinem Rai-Kontakt Zuhause herstellen ließ.
Ich weiß gar nicht, ob sich Fred Rai bewusst ist, was er da physiologisch mit den Pferden macht...
Gestern hatte ich wieder mal Probleme mit Lacor und ich versuchte es auf Rai-Art zu lösen. Wie erwartet klappte es wunderbar, hinzu kommt nun mein Wissen über den Pferdekörper, ich versuche weiter unten die Vorgänge physiologisch zu erklären. Aber der Reihe nach, erstmal die Situation und mein Vorgehen, sowie Beobachtungen:
Von Lacor wissen wir nun über seine Probleme im Rücken, das Heben des Rückens, das Schließen der Kruppe (welche Auswirkungen das hat ist bitte nachzulesen unter: http://otherideas.typepad.com/begriffe/2007/04/ und Kruppenschluss , sowie Fragen zum Kruppenschluss), außerdem kommen bei ihm auch schlechte Erfahrungen von früheren Reitern dazu - fehlendes Grundvertrauen. Nun konnte ich nur richtig mit ihm auf dem großen Platz arbeiten, zwecks der bessern Galoppmöglichkeiten, was ihm beim Kruppeschließen sehr hilft. Um dahin zu gelangen müssen wir durch einen Durchgang hindurch, wo auch Heu und Stroh gelagert wird. Immer wieder scheute Lacor davor zurück. Mal ging er problemlos durch, dann wieder nicht. Da ich weiß, dass er keine richtige Angst davor haben kann, ärgerte mich sein Verhalten. Da er Gestern gar nicht durch wollte. Bewusst wurde mir, dass genau in solchen Fällen viele Menschen nicht nach einer Lösung suchen sondern sie Gerte einsetzen. Ich stieg ab und begann ihn durchzuführen. Laut schnaubend folgte er mir. Ich lief sooft hin und her, drehte Runden um die Säulen etc. bis er nicht mehr mit der Wimper zuckte. Danach stieg ich wieder auf, neu motiviert, ritt drauf zu und er ging durch, wunderbar, um ihm seine "Angst" ganz zu nehmen, drehte ich um und versuchte es wieder. Er blieb davor stehen und war nicht zu überreden auch nur einen Fuß hindurch zu setzten. Ich erinnerte mich, was ich wohl früher gemacht hätte. So stieg ich wieder ab und zog Lacor das "Bändele", ein Schnurhalfter, an. Ich begann mit den Führübungen am Boden, wie ich hoffte und auch erwartete, waren diese kein Problem. Hierbei geht es darum die Dominanz über das Pferd zu erlangen, zum Leittier zu werden. Diesen Status habe ich bei Lacor, am Boden zumindest, schon lange. Deutlicher wurde aber seine Kopf-/Halshaltung, langer Hals, Kopf richtung Boden, mit dem Ausdruck im Gesicht, nach mir die Sintflut. Ich führte ihn also so durch den Durchgang, kein Problem. Ich stieg auf. Er schien erstaunt über die neue Kopffreiheit zu sein, machte es aber gut. Ich begann mit den Übungen zu Pferd. D.h. Volten, stehen, rückwärtsrichten, kleine Acht, bei Ungehorsam "Dominanzvolte" ( ein schnelles drehen des Pferdes, wobei der Hals weich und so weit wie möglich beim Reiterbein sein soll). All dies machte Lacor sehr gut. Schnell streckte er den Hals weit nach unten, schnaubte ab, hob seinen Rücken, lief Vorwärts. Nun der Test: ich bewegte mich auf den Durchgang zu. Er blieb stehen. Nach einer Aufforderung ging er jedoch durch. Ich drehte ein paar Runden hin und her. Es ging. Auch auf dem großen Platz klappte es ganz gut, ich musste mich auch erst wieder an die Abgabe der Kontrolle über den Kopf gewöhnen, sowie dass feines Arbeiten schwer ist. Erstaunlich fand ich, dass ich automatisch beim Trab ausgesessen bin (was bei Lacor nie der Fall war) und er in den Jog gefallen ist, was er davor auch nie gemacht hat. Er wirkte entspannt, aber teilweise auch noch etwas unisicher ob dieser neuen Freiheit.

Nun zu den Erklärungen:
Klar ist, dass ich durch die Dominanzübungen zum Ranghöheren wurde, er sich mir anvertraut und Ängste überwindet. Hilfreich ist natürlich dabei das Weglassen der Trense bei Pferden die damit schon schlechte Erfahrungen gemacht haben. Diese Dominanz ist aber nicht alles. Lacor hat nachweislich schwierigkeiten im Körper und nur durch Dominanz sind diese nicht weggeblasen. Der Schlüssel ist das Schließen der Kruppe. Durch die Übungen am Boden und zu Pferd, wird dies eingeleitet. Stehen, wieder Antreten, Rückwärtsgehen, alles Dinge die die Hinterhand beanspruchen und das Pferd zum Rückenheben veranlassen. Die engen Volten: Das Pferd tritt automatisch unter den Schwerpunkt, die Innenseite wird verkürzt, der Hals geschmeidig und die Außenseite gedehnt. Durch die Freiheit ist das Pferd darauf angewiesen sich selber um seinen Körper zu kümmern, muss seinen Hals selber richtig tragen etc. Wie sich das weiter auswirkt bleibt zu beobachten. Ob er seinen Hals so stabilisieren kann muss beobachtet werden. Er hat auf jeden Fall gut auf alles reagiert, ist auch kein Wunder, spricht es doch genau seine Schwachstellen an. Das Rai-Reiten wird als gewaltfreie und sanfte Reitart propagiert. Gewaltfrei auf jeden Fall, aber ob sie so sanft ist... Das Schnurhalfter hat die gleiche Wirkung auf den Pferdekopf wie jedes andere Halfter auch. Außerdem sind die Bewegungen sehr stark, die der Mensch und dadurch auch das Pferd ausführt. Dieses enge Wenden dürfte sehr schiefen Pferden schwer fallen, da ihre Außenseite nicht genug gedehnt ist und das rechte Hinterbein das Tragen des Körpers nicht mehr gewohnt ist. Wenn man nun diese Übungen dem jeweiligen körperlichen Zustand des Pferdes anpasst, sehe ich eine gute Möglichkeit die Pferde zu starten. Unser Reiten hier weicht davon nicht sehr ab. Die Bewegungen sind die Gleichen. Wir benutzen nur ein Gebiss und unser Einwirken ist viel kleiner und feiner. Das Gebiss erlaubt es den Unterkiefer zu aktivieren, dadurch den Pferdekörper noch viel spezieller zu erreichen, da Pferde viele Dinge durch bewegen des Unterkiefers lösen können. Mit richtig geführter Hand wird das Gebiss so gut wie nicht eingesetzt, verursacht keine Schmerzen, es kommt also auf den Reiter an. Warum sollten Pferde, wenn das Gebiss wirklich richtig schmerzhaft ist, von alleine hineinbeißen?? Ich zwinge keines der Pferde das Gebiss ins Maul zu nehmen! Mit Lacor werde ich weiter ohne Reiten und sehen wie er sich entwickelt. Geklärt sein dürfte, dass es nie eine Entscheidung für oder wider das Rai-Reiten ist/war/wird. Jetzt da ich es auch physiologisch verstanden habe, gefällt es mir fast noch besser. Aber ich bin auch nicht gegen das Gebiss - ich bin für einen konstruktiven Austausch der Reiter, der Erfahrungen und der Erkenntnisse um am Ende für jeden das Beste herauszufinden.

Soviel dazu, nun zu den anderen....

Anna:
Sie lief wieder sehr schön. Ich hatte auch das Gefühl, dass das rechte Hinterbein wieder richtig trug. Jedoch wirkte sie beim rausbringen auf die Weide, als sie davon galoppierte etwas steif. Mal sehen....

Fiona:
Mit ihr klappte es auch wieder sehr gut. Ich ging auf den großen Platz zum galoppieren und es war gut. Ich versuchte verschiedene Galoppschnelligkeiten, also schneller an den Geraden ruhiger in den Kurven, sie reagierte super auf die halben Paraden. Durch meinen Abschwenker ins Rai-Reiten, hab ich glaub ich auch meine Aussitzposition im Trab wiedergefunden. Es fiel mir wieder viel leichter.

1 Kommentar:

christine sander hat gesagt…

Mir, die ich diese Pferde und ihre Entwicklung vom frühesten Alter verfolgen durfte sagt dieser Bericht vorallem eines. Entscheidend beim Reiten ist die Körpersprache. Die Verwendung des Gebisses ist eine Weiterentwicklung, mit der man wenn man sie verstanden hat das Pferd noch einmal ganz anders ansprechen und unterstützen kann. Umso mehr unterstütze ich die Ablehnung jeden falschen Einsatz des Gebisses. Die Tatsache, dass Lacor sich bei Sophias Einsatz des Bändele ganz anders von hinten getragen hat und Sophia anschliessend auch Fiona viel besser aussitzen konnte spricht für sich. Wie das ganze in die Schulung vorallem des Anfängers übernehmen ist die Frage, die sich mir nun stellt.